Nutzen von EtherCAT Geräten innerhalb eines IT-Netzwerks
Machen Sie einen großen Schritt in Richtung nahtlos zusammenarbeitender IT- und OT-Netzwerke: Mit EtherCAT-basierten Anlagen, welche direkt aus dem IT-Serverraum gesteuert werden, und dies ohne spezielle Gateways. acontis technologies ermöglicht mit dem Feature Pack EOM für die EC-Master MainDevice Software die Nutzung von Standard-IT-Netzwerken als transparentes Transportmedium für EtherCAT.
Das acontis Feature Pack EOM ermöglicht die nutzt einer weiteren Betriebsarten von EtherCAT neben dem bekannten EtherCAT Direct Mode: Den EtherCAT Open Mode. Die beiden Betriebsarten decken unterschiedliche Zwecke und Anforderungen ab:
- EtherCAT Direct Mode: Die EtherCAT-Steuerung (MainDevice) ist direkt an das EtherCAT-Netzwerk angeschlossen. Dies ist die bisher übliche Betriebsart für die meisten EtherCAT-Systeme.
Der EtherCAT Direct Mode ist enorm effizient, einfach zu konfigurieren, bietet minimale Latenzzeiten und beste Echtzeit-Performance, was ihn ideal für Steuerungsanwendungen macht, die schnelle Reaktionszeiten erfordern. - EtherCAT Open Mode (EOM): Das EtherCAT-MainDevice verwendet Standard-IP-Kommunikationsmethoden für die Verbindung zwischen dem EtherCAT-MainDevice und einem EOM-fähigen EtherCAT-Gerät , welches die EtherCAT-Telegramme auch an weitere EtherCAT-Subdevices weiterleitet, die direkt mit diesem EOM-fähigen Gerät verbunden sind.
Der EtherCAT Open Mode bietet eine größere Flexibilität, indem er die Integration in eine Standard-IT-Infrastruktur und den zentralen Betrieb von EtherCAT-Hauptgeräten ermöglicht, allerdings auf Kosten einer erhöhten und insbesondere auch variierenden Latenzzeit.
Weitere Einzelheiten zum ETherCAT Open Mode und der notwendigen Abwägung zwischen Netzwerkperformance und Flexibilität finden Sie auch in unserem Blog : What is EtherCAT Open Mode? - acontis
EtherCAT Direct Mode
Im EtherCAT Direct Mode ist ein EtherCAT-Segment direkt mit dem MainDevice verbunden, wie in Abbildung 1 dargestellt.
Die MAC-Adressfelder der Ethernet-Frames werden ignoriert. Zur Kommunikation verwenden alle EtherCAT-SubDevices entsprechende EtherCAT-SubDevice-Controller (ESCs), während das MainDevice für die Kommunikation einen Standard-Ethernet-Port verwendet.
Der Direktmodus ist der Standard für Anwendungen, die das EtherCAT Device Protocol (EDP) verwenden. Es werden keine Switches benötigt, da die SubDevices typischerweise zwei oder mehr Ports haben – hiermit sind direkt Daisy-Chaining und andere Topologien umsetzbar. Im Direct mode wird der Ethernet-Controller im MainDevice ausschließlich für EtherCAT genutzt.
Einer der Hauptvorteile des Direct mode ist das „Processing on the Fly“-Prinzip, das zusammen mit den sehr geringen Verzögerungen in den SubDevices harte Echtzeit-Mess- und Steuerungsanwendungen mit Zykluszeiten von einer Millisekunde und schneller ermöglicht.
Abbildung 1: EtherCAT Segment im Direct mode
EtherCAT Open Mode
Das EtherCAT MainDevice verwendet Standard-IP-Kommunikationsmethoden für die Verbindung zwischen dem EtherCAT MainDevice und den dezentralen EtherCAT-Netzwerksegmenten.
Während der Direct mode üblicherweise aufgrund seiner Effizienz und hohen Echtzeit-Performance verwendet wird, bietet der Open mode deutlich mehr Flexibilität, indem er die direkte Integration in die bestehende IT-Infrastruktur ermöglicht.
Im EtherCAT Open Mode (EOM) können ein oder mehrere EtherCAT-Segmente über (bestehende) Standard-IT-Netzwerkswitche verbunden werden. Dieser Modus ist besonders nützlich bei der Integration von EtherCAT-Netzwerken in größere IT-Umgebungen welche damit gleichzeitig für IT und OT Datenverkehr verwendet werden können.
Das erste Gerät innerhalb eines EtherCAT-Segments hat eine ISO/IEC 8802-3 MAC-Adresse, die das gesamte Segment repräsentiert. Dieses Gerät wird „EOM Device“ genannt und ersetzt im Ethernet-Frame das Zieladressfeld durch das Quelladressfeld und das Quelladressfeld durch seine eigene MAC-Adresse. Dadurch wird sichergestellt, dass der Frame, wenn er den Kodierungsregeln von EtherCAT entspricht, nach der Verarbeitung durch alle SubDevices an das MainDevice zurückgesendet wird.
Jedes Standard-EtherCAT-SubDevice kann direkt an das EOM-Gerät angeschlossen werden, um verteilte EtherCAT-Netzwerksegmente umzusetzen. Der EtherCAT Open Mode verwendet ebenfalls das EtherCAT Device Protocol (EDP), um zwischen dem MainDevice und den SubDevices über das geswitchte Netzwerk zu kommunizieren - genau wie beim EtherCAT Direct Mode. Um die EtherCAT-Telegramme durch das geswitchte Netzwerk zu übertragen, werden Standard-IP-Kommunikationsmethoden wie beispielsweise UDP verwendet.
Wenn das EtherCAT-System UDP für die Übertragung durch das geswitchten Netzwerks verwendet, behandelt das EOM-Gerät die Quell- und Ziel-IP-Adressen und die UDP-Quell- und Ziel-Portnummern auf die gleiche Weise wie die MAC-Adressen. Dadurch wird sichergestellt, dass der Antwort-Frame vollständig den UDP/IP-Protokollstandards entspricht.
Dadurch wird auch sichergestellt, dass andere Protokolle, wie TCP/IP, dieselbe IT-Infrastruktur parallel nutzen können.
Beispiel für eine EOM-Netzwerktopologie mit einem physischen MainDevice
Nachfolgend ist eine Basistopologie dargestellt, die mit dem FP EOM realisiert werden kann: Das EtherCAT MainDevice ist nicht direkt mit den EtherCAT SubDevices in der Maschine verbunden, sondern kann sich an einem geeigneten Ort innerhalb der Fabrik befinden - z. B. in einem geschützten Serverraum.
Das EtherCAT-MainDevice nutzt seinen Standard-Ethernet-Port, um die EtherCAT-EDP-Frames z. B. über UDP an das erste Gerät des zu steuernden EtherCAT-Segments zu übertragen. Dieses EOM-Gerät empfängt den Frame vom MainDevice, verarbeitet ihn entsprechend und leitet ihn an das lokale EtherCAT-Segment weiter. Dieses EtherCAT-Segment besteht aus Standard-EtherCAT-SubDevices - der Betrieb innerhalb dieses Segments ist derselbe wie im EtherCAT Direct Mode und bietet somit minimalen Jitter und geringe Latenz, da Standard-EtherCAT-SubDevices verwendet werden.
Zwischen dem MainDevice und dem EOM-Device ist ein Standard-IT-Netzwerk abgebildet - mit mehreren Switches als auch dem simultanen Betrieb von standard IT-Geräten welche Protokolle wie TCP/IP nutzten. Jitter und Latenz in diesem Teil sind hochdynamisch, da diese abhängig vom aktuellen Netzwerkverkehr und möglichen Systemveränderungen während der Betriebszeit sind. Durch kontinuierliche Überwachung des IT-Netzwerks und eine optimierte Konfiguration der Switches können die Echtzeitfähigkeiten dieses Netzwerkteils verbessert werden, was sich direkt auf die Leistung des EtherCAT-Systems auswirkt.
Abbildung 2: Zwei MainDevices steuern zwei unabhängige EtherCAT Segmente über EtherCAT Open Mode
EC-Master Software Architektur für den EtherCAT Open Mode
Die Anpassung der EC-Master Software-Architektur für EtherCAT Open Mode spiegelt sich vor allem in einem speziellen Interface-Layer wider:
- Der „EtherCAT Open Mode Layer“ wird zwischen dem EC-Master Core und den bewährten acontis Echtzeit-Ethernet-Treibern eingefügt. Der EOM-Layer stellt alle notwendigen Funktionen zur Verfügung, um das EtherCAT Device Protocol über UDP- oder RAW-Frames zu übertragen, was die Übertragung über das geswitchte Netzwerk zum Ziel-EtherCAT-Netzwerksegment ermöglicht. Dies beinhaltet den grundsätzlichen Telegrammaufbau sowie die Verwaltung von Quell- und Zieladressen.
- Die Programmierschnittstelle für die Steuerungsanwendung sowie die zugehörigen Programmierbeispiele verfügen über einige wenige zusätzliche Funktionsaufrufe, welche für die Initialisierung des EOM-Layers notwendig sind. Ebenso sind Besipiele für die Messung der Roundtrip-Zeit, einschließlich Min-, Max- und Durchschnittswerten inkludiert. Diese Messfunktion ist enorm hilfreiche bei der Überwachung und der Bewertung der möglichen Performance des EtherCAT-Systems, da Latenz und Jitter vom jeweiligen genutzten IP-Netzwerks abhängen. Basierend auf den Messergebnissen kann einfach festgestellt werden, ob das Echtzeitverhalten für die Zielanwendung ausreicht oder ob zusätzliche Optimierungen des geswitchten IP-Netzwerks erforderlich sind, um den geforderten Jitter und die Reaktionszeit zu erreichen.
- Die Dokumentation enthält die erweiterte API-Beschreibung sowie eine Anleitung zur Konfiguration der MainDevice-Funktionen und des EOM-Layers
Abbildung 3: EC-Master Softwarearchitektur mit dem Feature Pack EOM
Wesentliche Vorteile und Grenzen des EtherCAT Open Mode
Die Verwendung eines geswitchten Netzwerks im EtherCAT Open Mode bietet viele Möglichkeiten, birgt aber auch einige Kompromisse, die beachtet werden müssen, um eine für den jeweiligen Anwendungsfall optimale Lösung zu erreichen.
Einer der Vorteile des Open mode ist dessen Flexibilität was die die Integration von EtherCAT in die bestehende IT-Infrastruktur, die freie Platzierung des MainDevices außerhalb der rauen Umgebung einer Maschine ermöglicht. Da jedoch alle Ethernet-Frames die gleiche Infrastruktur nutzen und Switches typischerweise auf einer Store-and-Forward"-Basis arbeiten, führt dies zu höheren Latenzen innerhalb eines EtherCAT-EOM-Systems im Vergleich zu einem EtherCAT Direct-Mode Netzwerk. Diese Latenzen sind nicht konsistent und können nicht im Voraus exakt berechnet werden – dies wirkt sich auf die minimal erreichbare Zykluszeit aus. Die erreichbare Leistung hängt stark von dem spezifischen IT-Netzwerk, seiner Konfiguration und der aktuellen Netzwerklast ab.
Die wichtigsten Kompromisse zwischen Flexibilität und Latenz sind:
- Flexibilität: Integration in die bestehende IT-Infrastruktur, was einen Mischbetrieb ermöglicht.
- Latenz: Höhere und nicht deterministische Latenzzeiten aufgrund der gemeinsam genutzten Infrastruktur und der „Store and Forward“ Methode von Netzwerk-Switches.
- Auswirkungen auf die Zykluszeit: Die minimal erreichbare Zykluszeit wird durch die Netzwerkkonfiguration und -auslastung beeinflusst.
Zu den weiteren Vorteilen von EOM gehört eine höhere Zuverlässigkeit, da das MainDevice in einer sicheren und geschützten Umgebung platziert werden kann - z. B. in einem IT-Serverraum, der die Steuerungshardware deutlich weniger belastet als die oft sehr raue Umgebung direkt an einer Maschine. Darüber hinaus bieten zentralisierte Steuerungen Vorteile bei der Wartung, zumal diese über bestehende IT-Frameworks realisiert werden kann.
EOM bietet auch die Möglichkeit, schnell sekundäre MainDevices einzusetzen, da die Anbindung über das IT-Netzwerk erfolgt und keine Neuverkabelung oder Hardwareinstallation erforderlich ist.
Zudem sind mit EOM auch Kosteneinsparungen möglich, da bestehende IT-Infrastrukturen für das OT-System wiederverwendet werden können und jedes MainDevice in der Lage ist, mehrere, voneinander getrennte Remote-EtherCAT-Segmente zu steuern.
Andererseits bringt EOM einige Einschränkungen mit sich, die beim Systementwurf zu beachten sind. Zu diesen Einschränkungen gehören die erwähnten eingeschränkten Echtzeitfähigkeiten aufgrund höherer Latenzzeiten und des dynamischen Jitters, die durch das IT-Netz verursacht werden. Darüber hinaus ist die Konfiguration des EtherCAT-Systems tendenziell komplexer, da sie auch die IP-basierte Kommunikation zwischen MainDevice und EOM-Gerät umfasst - und für eine optimale IT-Netzwerkkonfiguration sind IT-Kenntnisse erforderlich, um durchgehend eine gute EtherCAT-Leistung zu erzielen.
Nicht zuletzt sind Cybersecurity-Aspekte für EOM im Vergleich zu EtherCAT-Netzwerken im Direct mode von größerer Bedeutung: MainDevice und EtherCAT-Netzwerksegmente sollten sich in einem geschützten Netzwerk befinden, und die zusätzlichen Angriffsvektoren auf MainDevice und EOM-Gerät über das IT-Netzwerk müssen berücksichtigt werden.